Freitag, 6. Oktober 2017

Buchrezension: Krystal Sutherland - Unsere verlorenen Herzen

Inhalt:

Der 17-jährige Henry war noch nie verliebt. Kein Herzklopfen, keine Schlaflosigkeit, keine großen Gefühle. Bis seine neue Mitschülerin Grace vor ihm steht: in schlabbrige Jungsklamotten gehüllt, mit einem kaputten Bein und einer kaputten Seele. Ihre Zerbrechlichkeit macht sie in Henrys Augen nur noch schöner. Aber Grace lässt Henry kaum an sich heran – bis sie ihn eines Tages völlig unvermittelt küsst. Henry wagt es, zu hoffen. Doch irgendein ungreifbares Geheimnis scheint zwischen ihnen zu stehen.

Rezension:


Henry Page ist 17 Jahre alt und in Sachen Liebe im Gegensatz zu seinen Mitschülern ein Spätzünder. Das ändert sich, als Grace Town in seine Klasse kommt. Obwohl - oder gerade weil - sie so anders ist, Jungsklamotten trägt, ihrem Äußeren wenig Beachtung schenkt, verschlossen ist und an einem Stock geht, fühlt sich Henry magisch von ihr angezogen. Beide engagieren sie sich mit mehr (Henry) oder weniger (Grace) Engagement in der Schülerzeitung und so freunden sie sich an und verbringen auch nach der Schule noch Zeit miteinander.
Henry erfährt von ihrer Vergangenheit und bekommt damit auch die Erklärung, warum sie sich so kalt und unnahbar verhält. Er gibt jedoch nicht auf, verliebt sich in sie, da er auch die Grace in ihr erkennt, die sie früher einmal war. Er möchte ihr helfen, möchte, dass sie ihr Trauma überwindet und vor allem, dass sie für ihn so fühlt wie er für sie.
Mit der Zeit öffnet sie sich, lässt ihn an sich heran, allerdings nur bei Partys, wenn beide angetrunken sind. Schon am nächsten Tag und im nüchternen Zustand hat sie die Vergangenheit wieder eingeholt.

"Unsere verlorenen Herzen" ist im Gegensatz zu vielen anderen Young-Adult-Romanen aus der Perspektive des Jungen geschrieben und nicht aus Sicht des Mädchens oder abwechselnd aus beiden Perspektiven. Er ist ein ganz normaler, durchschnittlich guter Schüler, der die erste Liebe erlebt. Auch wenn ich meine Zweifel hatte, ob es bei ihm tatsächlich Liebe ist, was er für Grace empfindet oder ob es einfach nur die Faszination von ihr ist, da sie so geheimnisvoll und durch ihre Behinderung hilfsbedürftig wirkt und seine Neugier bzw. seinen Beschützerinstinkt weckte.

Grace hat nicht nur ein Hinkebein, das ihre Verletzung für alle nach Außen sichtbar macht, sondern auch eine verletzte Seele, ein Gefühl der Trauer, das sie permanent umgibt und das sie auch im Umgang mit Henry nicht ablegen kann. Ihre Vergangenheit steht bei jeder Begegnung zwischen ihnen, gerade wenn sie sich näher kommen, und vor allem in Henry wird der Wunsch nach einer normalen Liebesbeziehung immer lauter.

"Unsere verlorenen Herzen" ist eine tragische Teenagerliebe, bei der man sich bis zum Ende fragt, ob Grace doch noch irgendwie geheilt werden kann, Hilfe zulässt, um ihr Trauma zu verarbeiten und damit der Weg frei ist für eine Beziehung mit Henry.

Anders als Henry blieb mir die bewusst geisterhaft wirkende Grace in weiten Teilen des Romans fremd. Man weiß zwar, was sie erlebt hat, aber die weiteren Umstände ihres Lebens blieben lange wage. Der Roman zog sich im Mittelteil etwas, da nicht viel passierte und ich eine Entwicklung der Charaktere vermisste. Ich hatte lange den Eindruck, dass Henry und Grace nur auf der Stelle getreten sind.
Dies änderte sie allerdings im letzten Drittel des Romans, als Grace nicht mehr so gegenwärtig war und Henry - auch auf der Druck der Schule und seiner Eltern - wieder aktiver am Leben teilnahm. Dann wurden auch die Motive der therapiebedürftigen Grace klarer und nachvollziehbar, weshalb Henry für sie nicht mehr als nur die zweite Wahl war, obwohl er alles für sie getan hätte.

"Weil du Sternenstaub verdienst, ich dir aber nur Staub geben kann."

Sätze wie diese zeigen, wie der Romantiker Henry so unglücklich in die selbstzerstörerische Grace verliebt ist und so ist auch das Ende des Romans kein klassisches Happy End, aber für diese Geschichte passend, ungekünstelt und realitätsnah.


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