Freitag, 25. August 2017

Buchrezension: Mareike Krügel - Die Tochter meines Vaters

Inhalt: 

Felix - eigentlich Felizia -, die Tochter des Bestatters, weiß schon in der Wiege, welches Erbe sie in Kleinulsby bei Eckernförde antreten soll. Ihre Kindheitsjahre stehen unter dem Zeichen der elterlichen Prinzipien: Höflichkeit, Diskretion und Unauffälligkeit, denen sie jedoch mit ihrem stummen Freund Gunnar auf Mauern, Bäume und Berge kletternd entflieht.
Mareike Krügel erzählt geschickt auf zwei Ebenen. Sie kontrastiert die Welt des Kindes Felix mit der der erwachsenen Felizia, die aus Kleinulsby ausbricht und ihr Geld mit der Deutung des Lebens aus Tarotkarten verdient. Die großen Gefühle, die sie täglich aus den Karten liest, meidet sie, da nur Cary Grant sie aus ihrer pragmatischen Leidenschaftslosigkeit erlösen kann. Doch der heißt eigentlich Schmidt und ist von einem Traumprinz weit entfernt.


Rezension:

Felizia ist die Tochter eines Bestatters, dessen Vorstellung es ist, dass sie eines Tages das Unternehmen "F. Lauritzen Bestattungen" im norddeutschen Städtchen Kleinulsby übernehmen wird. 
Felizia ist den Umgang mit Toten von Kindesbeinen an gewohnt und hilft ihrem Vater bei der Vorbereitung der Toten für die Begräbnisse und ist bei den Gesprächen mit den Trauernden sowie auf dem Friedhof dabei, um zu lernen. Das Geschäft läuft etwas schleppend, aber der Vater hat die Hoffnung, dass das Unternehmen spätestens in einigen Jahren florieren wird, wenn die Menschen des Neubaugebiets nach und nach das Zeitliche segnen. 

Die Geschichte von Felizia, genannt Felix, wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Man lernt sie als junges Mädchen im elterlichen Betrieb kennen, die vor allem Freundschaften zu Jungs pflegt. 
In der Gegenwart hat sich Felix von ihren Eltern distanziert und verdient ihren Lebensunterhalt als Tarot-Kartenlegerin. Sie schwärmt für Cary Grant und verguckt sich deshalb in Malte Schmidt, der diesem auf den ersten Blick sehr ähnlich sieht. Während Felix versucht ihrem Traum von einem Mann näher zu kommen, pflegt sie sporadische Beziehungen zu zwei Liebhabern, die regelmäßig unangekündigt vor ihrer Tür stehen. 

"Die Tochter meines Vaters" ist die Beschreibung einer außergewöhnlichen Kindheit eines Mädchens, das mit den Tugenden Diskretion, Zurückhaltung, Disziplin und Korrektheit aufwächst, die von ihren Eltern vorgelebt werden und die sie verinnerlicht hat. 
Das Geschäft mit dem Tod behagt ihr jedoch nicht, weshalb sie unter der Voraussetzung studieren zu wollen, zunächst nach Kiel geht und sich der Juristerei widmet. Aber auch das Studium verursacht ihr Bauchschmerzen und so nutzt sie ihr Talent der Wahrsagerei für die selbstständige Tätigkeit als Tarotkartenlegerin. 

Die beiden Erzählstränge wechseln sich ab und mir haben vor allem die Episoden aus ihrer Kindheit gefallen, die mit erfrischender Situationskomik aber dennoch sehr nüchtern erzählt werden. Aber auch die Annäherung um den vermeintlichen Cary Grant-Doppelgänger, bei der ihre 13-jährige Nachbarin Randi behilflich ist, mutet skurril und witzig an. 

Der Roman erzählt die Entwicklung eines gehorsamen, artigen Mädchens, das ihren schrulligen, aber lieben Eltern immer alles Recht machen wollte, aber dann feststellt, dass das Leben ihrer Eltern nicht für sie geeignet ist. Sie bricht aus aus den Schranken ihres Elternhauses, nabelt sich auch von ihren dominanten Schulfreunden - zunächst Gunnar und dann Tobias - ab und beginnt ein eigenständiges Leben, das von der Suche nach Liebe und Geborgenheit geprägt ist. 

Nachdem ich zuletzt "Sieh mich an" von Mareike Krügel gelesen habe, ist "Die Tochter meines Vaters" schon vor über zehn Jahren geschrieben worden, aber wieder ein interessant zu lesender Roman abseits des Mainstreams. Auch hier wird wieder ein nicht ganz normaler Alltag im Leben einer Frau beschrieben, der in einer gelungenen Mischung aus Ernsthaftigkeit und schwarzem Humor erzählt wird. Mir fehlte allerdings bei der erwachsenen Felizia ein roter Faden in ihrer Geschichte oder zumindest ein befriedigender Abschluss. So endete der Roman genauso episodenartig, wie er durchweg erzählt wurde. 



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen