Freitag, 25. Juli 2025

Buchrezension: Joanna Glen - Weil es nicht anders sein kann

Inhalt:

Sol und Addie fühlen sich in der Natur wohler als unter Menschen. Doch als die beiden sich auf der windgepeitschten Insel Rokesby vor der Küste Englands zum ersten Mal begegnen, scheint mitten im Sturm alles stillzustehen. Sofort spüren sie, dass sie füreinander geschaffen sind, und wagen eine zaghafte Annäherung. Doch sie haben nicht mit der Wucht gerechnet, mit der die Vergangenheit über sie hereinbricht, und müssen hart dafür kämpfen, zusammen sein zu können – nicht nur gegen äußere Umstände, sondern manchmal auch gegen sich selbst. Woran sie sich festhalten, ist der Pakt, den sie schließen: Sie wollen wie zwei Papageientaucher sein. Denn auch wenn die Vögel einen großen Teil des Jahres getrennt von ihrem Partner leben, bleiben sie einander treu und finden doch immer wieder zueinander. 

Rezension:

Addie lebt zusammen mit ihrer Mutter auf der kleinen Insel Rokesby im Nordwesten Englands, wo sie ein Retreat für Frauen betreiben. Das Geschäftsmodell mit Yoga, Wellness und Meditation ist ein langgehegter Traum ihrer Mutter und Addie ordnet sich gefügig unter. Innerlich brodelt es in ihr und sie spürt, dass sie vom dort weg muss, um ihr eigenes Leben zu leben. 
Sol trauert um seine verstorbene Mutter und wandelt auf ihren Spuren. Er möchte alle "dünnen Orte" besuchen, wo sich Himmel und Erde berühren, wie sie es ihm beschrieben hat. Er beginnt seine Reise mit der Insel Ora, die über eine Brücke bei Ebbe mit Rokesby verbunden ist. Dort begegnet er Addie, die einen traurigen Eindruck auf ihn macht. Die beiden fühlen sich voneinander angezogen und nähern sich zaghaft und schüchtern an. Beiden fällt die soziale Interaktion mit anderen schwer, sie sind stark verunsichert und voller Selbstzweifel. 
Als Sol Addie aufs Festland bringt, trennen sich ihre Weg aufgrund unglücklicher Umstände. Sie wissen nicht, wie sie einander wiederfinden können und gehen wieder getrennter Wege. Doch die Hoffnung auf ein Wiedersehen bleibt - weil es nicht anders sein kann. 

Der Roman ist in einem schnellen Wechsel aus den Perspektiven von Add
ie und Sol geschrieben. Beide Charaktere sind fein gezeichnet und fallen durch ihre besondere Art auf. Sie haben eine bewegte Vergangenheit und schlechte Erfahrungen in ihren Elternhäusern gesammelt, mangele Anerkennung erhalten und stecken voller Ballast. Ihre schüchterne Art zieht sie gegenseitig an und so bauen sie ganz zaghaft eine Beziehung zu einander auf. 

Die Geschichte entwickelt sich über mehr als zwei Jahre hinweg und ist in Bezug auf die Liebe von Sol und Addie von einer andauernden Distanz geprägt. Es ist schwierig ihre beiden Leben zu verbinden, nachdem beide Abnabelungsprozesse hinter sich haben und sich neu formieren mussten. Dazu kommt, dass Addie Angst vor weiteren Verlusten und damit Angst vor Bindung hat. 

Der Roman ist stark charaktergesteuert und sehr empathisch und einfühlsam geschrieben. Die beiden Hauptfiguren wirken zunächst mit ihren Eigenarten und ihrer mangelnden Fähigkeit der sozialen Interaktion gehemmt und verschroben, gleichzeitig aber sehr authentisch. Es sind Außenseiter, die noch ihren Platz im Leben finden müssen. Die allmähliche Entwicklung zu mehr Mut und Selbstvertrauen ist nachvollziehbar geschildert. 

Die Liebe zwischen den beiden ist spürbar, aber dennoch besteht eine andauernde Unsicherheit, ob Liebe allein ausreicht. Es ist fraglich, ob sie ihren "Papageientaucherpakt", der so viel Vertrauensvorschuss und Wartezeit erfordert, halten können oder ob sie einen andauernden gemeinsamen Weg finden werden. Es erfordert Mut, Risiken einzugehen und Verletzungen in Kauf zu nehmen. 

Aufgrund der besonderen, sensiblen Charaktere ist "Weil es nicht anders sein kann" eine bezaubernde Geschichte über dysfunktionale Familien, die Prägung von Erziehung, über Geringschätzung und Verlust, aber auch über Liebe, Trost und Hoffnung, die metaphorisch und symbolträchtig geschrieben ist und auf ihre leise, zärtliche Art berührt. 
Dem Roman können ganz viele kluge Sätze und Weisheiten über das Leben und Beziehungen entnommen werden, die zum Nachdenken anregen und erkenntnisreich sind. 

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