Montag, 14. Juli 2025

Buchrezension: Virginie Grimaldi - Die Sterne leuchten nur für uns

Inhalt:

Dieses Gefühl, dass das Leben an einem vorbeizieht – Anna kennt es nur zu gut: Die alleinerziehende Mutter jobbt als Kellnerin, das Geld ist immer knapp, und ihre beiden Töchter sieht sie fast nur noch am Frühstückstisch. Während sich die 17-jährige Chloé in eine Schwärmerei nach der nächsten stürzt, hat die 12-jährige Lilly nur einen Freund: die Ratte, die sie nach ihrem Vater benannt hat. Schließlich hat er auch das sinkende Schiff als Erster verlassen … Als Anna bewusst wird, wie sehr ihre Töchter unter der Situation leiden, zieht sie die Reißleine und trifft eine Entscheidung, die alles verändert: Sie mietet einen Camper-Van und macht sich mit ihren Töchtern auf nach Skandinavien zu den Polarlichtern, um sich dort einen langgehegten Traum zu erfüllen. Denn in manchen Situation gibt es kein Zurück mehr, sondern nur noch den Weg nach vorne, den Weg zu sich selbst. 

Rezension: 

Finanziell sah es bei Anna als alleinerziehender Mutter schon immer knapp aus und als ihr nun auch noch der Job als Kellnerin gekündigt wird, steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Sorgen macht sie sich zudem um ihre Töchter. Während die jüngere Lily offenbar in der Schule gemobbt wird, pflegt die 17-jährige Chloé wechselnde Liebschaften und möchte kurz vor dem Abitur die Schule abbrechen. 
Anna, die schon früher unter Panikattacken gelitten hat, braucht dringend eine Auszeit. Mit Hilfe einer Abfindung und des Wohnmobils ihres Vaters macht sie sich zusammen mit ihren Töchtern auf den Weg nach Skandinavien, um die Polarlichter zu sehen und sich als Familie durch die gemeinsame Zeit wieder näher zu kommen. 

Der Roman wird abwechselnd aus den Perspektiven der drei weiblichen Hauptfiguren geschildert. Die beiden Töchter erhalten ihre Erzählstimme durch ihre Aufzeichnungen. Während Lily an ihr Tagebuch "Marcel" schreibt, schreibt die ältere Chloé einen Online-Blog. Auf diese Weise erhält man Einblick in alle drei Persönlichkeiten und kann ihre Probleme sowie die Verbindungen untereinander besser nachvollziehen. 

Anna erhofft sich von der Reise mehr Zeit mit ihren Töchtern zu verbringen, die ihr wegen der Arbeit gefehlt hat. Sie möchte verstehen, was sie verpasst hat, ihr Vertrauen zurückgewinnen und ihnen bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen. Selbst ist sie mit ihrer Situation überfordert, blendet ihre eigenen vorübergehend Schwierigkeiten aus und flieht vor ihnen. Chloé und Lily sind bald genervt von der Reise und würden am liebsten so schnell es geht nach Frankreich zurückkehren. 

Die Geschichte bietet eine gelungene Mischung aus Reise mit neuen Eindrücken und Erlebnissen sowie einer emotionalen Reise, um wieder zu einer Einheit zu werden. Der Weg führt sie von Frankreich über Deutschland und die skandinavischen Länder bis zum Nordkap. Dabei gibt es viele magische Momente bei der Sichtung von Tieren, beim Eisbaden oder beim Beobachten der Mitternachtssonne, aber auch viel Streit. Das Zusammensein auf engstem Raum ist einerseits belastend, andererseits aber auch eine Chance. 

"Die Sterne leuchten nur für uns" ist durch die verschiedenen Orte, die unterschiedlichen Sichtweisen und die Probleme der einzelnen schon aufgrund ihres Alters abwechslungsreich und unterhaltsam. Gerade Lily schreibt sehr ulkig in ihrem Tagebuch, während Chloés Online-Blog ohne Reaktionen von Nutzern weniger authentisch erscheint. 

Der Roman entwickelt sich als Roadtrip einer Familie, die wieder zusammenfinden möchte, nicht weiter überraschend. Die finanziellen Fragen bleiben vor der Fahrt ungelöst und während der Fahrt kommen weitere Probleme auf, die Anna zu Hause erwarten könnten, mit denen sie nicht gerechnet hat. Gerade die Beziehung zum Vater der Kinder ist eine Komponente, die Fragen aufwirft und für Spannung sorgt. 
Die ungeplante Reise ist auf den ersten Blick nicht die vernünftigste Entscheidung bei Schulden und Arbeitslosigkeit, aber ein kluger Entschluss für mehr Nähe, Verständnis und Zusammenhalt, die unbezahlbar sind.

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