Inhalt:
Als ihr Freund Judith eröffnet, kein zweites Kind zu wollen, ist das ein Schock. Müssen sie nicht zu viert sein, um eine "richtige" Familie abzugeben? Die Entscheidung ihres Freundes stürzt Judith in eine Lebenskrise. Doch Rettung naht: Eine Freundin erzählt ihr von einem Campingplatz in Brandenburg; ein ehemaliger Kiestagebau, der in der DDR als Feriendomizil von Bauarbeitern genutzt wurde, heute eine Idylle mit viel Grün drum herum und See in der Nähe. Was könnte besser sein, um ihren Sohn doch noch vor einer traumatischen Kindheit zu bewahren? Sie müssen spießig werden! Also kauft Judith kurzerhand einen Wohnwagen, und die Campinganlage bekommt drei neue Bewohner.
Rezension:
Judith ist Mutter eines kleinen Sohnes und möchte nicht, dass dieser ein Dasein als Einzelkind fristen muss. Ihr Freund Bruno gibt ihr jedoch zu verstehen, dass er kein zweites Kind möchte. Als Ausgleich für diese Misere kauft Judith spontan einen alten Wohnwagen, um auf einem Campingplatz in Brandenburg die Wochenenden zu verbringen. Völlig unbedarft renoviert Judith und richtet den Wohnwagen ein, um eine heimelige Atmosphäre zu schaffen. Von maroden Stellen, Rost oder eindringenden Mäusen lässt sie sich dabei so schnell nicht unterkriegen. Die kleine Familie fügt sich in die Campinggemeinschaft ein und auch ihr Sohn fühlt sich in der Natur und am See wohl. Doch selbst nach den unbeschwerten Sommermonaten lässt Judith der Wunsch nach einem zweiten Kind nicht los, als sie in Brandenburg die Zelte vor dem kommenden Winter abbrechen. Eine "prima Aussicht" ist jedoch die Zusage für die Verlegung eines Buches und die Hoffnung, dass sich damit ihr Traum eines Schriftstellerinnen-Daseins realisiert.
Vor dem Lesen war mir nicht wirklich bewusst, dass es sich bei "Prima Aussicht" um einen autobiographischen Roman handelt und Judith Poznan über ihr eigenes Leben schreibt. Zumindest ist die Berlinerin Mutter eines Sohnes, Besitzerin eines Wohnwagens und hat sich mit ihrem Debütroman einen Traum erfüllt. Ob Teile des Romans fiktiv sind, erschließt sich nicht, da es keine Erklärung durch ein Nachwort gibt.
Judith Poznan erzählt frei von der Leber, wechselt dabei sprunghaft zwischen Gegenwart und Vergangenheit, wenn Erinnerungen an ihre Kindheit und insbesondere an ihre Oma Karin hochkommen, die eine große Rolle in ihrem Leben gespielt haben muss. Die Verbindung zu ihren Eltern scheint nicht so eng gewesen zu sein. Ihren Sohn, der namenlos bleibt, liebt sie über alles und würde alles für ihn tun. Die Beziehung zu ihrem Freund Bruno scheint dagegen nicht so innig. Was die beiden außer dem gemeinsamen Kind verbindet, ist nicht zu erkennen. So entsteht der Eindruck, das der Wunsch nach einem zweiten Kind möglicherweise daher rührt, die fragile Beziehung zu festigen.
In dem Roman werden Fragmente aus einem Sommer geschildert, Episoden, die - außer für Judith selbst - weder sonderlich außergewöhnlich noch aufregend sind. Judith hat ihre Gedanken einfach so unstrukturiert aufgeschrieben, wie sie ihr gekommen zu sein scheinen.
Die Sorgen einer jungen Mutter und das Bestreben für eine glückliche Kindheit des Nachwuchses sowie um die finanziell unsichere Situation als Schriftstellerin mit bisher nur abgelehnten Manuskripten, sind greifbar, jedoch für den Leser eher belanglos, fesseln und berühren nicht.
Ihre geschilderten Episoden sind zumal ganz unterhaltsam, aber letztlich geben Judith Poznans Memoiren nicht so viel her, um einen ganzen Roman interessant zu gestalten. Dass Prominente Autobiographien veröffentlichen, um sich ins rechte Licht zu rücken oder Bilanz über ihr Leben zu ziehen, ist nicht weiter ungewöhnlich. Warum jedoch eine Frau wie du und ich Teile ihres Lebens in Form eines Romans mit der Öffentlichkeit teilt, wurde mir bis zum Ende nicht klar. Vermutlich hätte mir eine fiktive Geschichte der jungen Autorin besser gefallen.
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