Inhalt:
Bei einem tragischen Unfall am Meer verlor Lisa ihre Tochter in den Fluten. Unfähig ihr altes Leben wieder aufzunehmen, kehrt sie an die Nordsee zurück. Im Ferienhaus der Familie ist noch alles so, wie sie es damals hinterließen. Mit der unerwarteten Hilfe von Schreiner Lars und seinem Sohn dem Arktisforscher Jonas beginnt sie zu renovieren - und findet unter den alten Holzdielen die Notizen zu einem Märchen über eine Meerjungfrau. Der Verdacht, dass dieses auf realen Begebenheiten beruht, lässt die drei nicht los. Im alten Zeitungsarchiv lesen sie von einer blutjungen Frau, die 1920 ihr Kind am Strand verlor. War es ein Unfall oder Mord, wie die Leute damals behaupteten? Auf den Spuren der Meerjungfrau muss sich Lisa ihren verworrenen Gefühlen und dem eigenen Verlust stellen.
Rezension:
2018: Während eines Urlaubs in ihrem Ferienhaus an der Nordseeküste ist die dreijährige Millie ums Leben gekommen, als ihre Mutter Lisa sie für einen Augenblick aus den Augen verloren hat. Lisa gibt sich ihrer Trauer hin und zieht sich vor ihrem Ehemann und ihren beiden Söhnen zurück. Die Familie zerbricht an dem Unglück. Um den Tod Millies zu verarbeiten kehrt Lisa ein Jahr später in das Ferienhaus an der Nordsee zurück, das sie wegen eines Wasserschadens zusammen mit dem ortsansässigen Schreiner Lars und seinem Sohn Jonas renoviert. Dabei findet sie Zeichnungen und Fragmente eines Märchens über eine Meerjungfrau. Die Bilder zeigen den Teil des Strandes, an dem Millie verschwand und das Märchen handelt von einem verlorenen Kind, weshalb Lisa neugierig wird und nachforscht, wer Urheber der Zeichnungen und des Märchen ist.
1919/1920: Nach Ende des Ersten Weltkriegs ist Mainz von den Franzosen besetzt. Der junge Marokkaner Jamal ist dort als Übersetzer stationiert und lernt Victoria Schwayer kennen. Die beiden treffen sich heimlich und verlieben sich ineinander. Ihre Liebe ist nicht standesgemäß und als Vicky ungewollt schwanger wird, wird sie von ihren Eltern nach Nordfriesland geschickt, um die Schande zu verbergen. Vicky vermisst Jamal und möchte das Kind trotz aller Widerstände behalten.
Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen, in der Vergangenheit in den Jahren 1919/1920 und in der Gegenwart 100 Jahre später. Die Vergangenheit handelt von einer berührenden Geschichte über eine Liebe, die nicht sein durfte und über eine Zeit der Besatzung, in der die Deutschen unter der Kriegsschuld leiden und alles Fremde ablehnen. Victoria, die aus gutem Hause stammt, aber auch das Stubenmädchen Ilse sind authentisch geschildert. Ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehbar, was die beiden jungen Frauen nahbar macht. Während man bei Ilse Neid und Eifersucht auf ihre Herrin spürt, ist Victoria - wenn auch etwas naiv - ein durchweg sympathischer Charakter. In der Gegenwart kann man sich durch die emotionalen Schilderungen auch gut in Lisa hineinversetzen und Mitgefühl für ihr Schicksal empfinden. Dennoch fällt es schwerer sie zu mögen, da sie in ihrer blinden Trauer egoistisch handelt und nicht nur ihre Söhne vernachlässigt, sondern auch ihren Ehemann linksliegen lässt.
Die beiden Zeitebenen werden durch die Parallelen von Gegenwart und Vergangenheit miteinander verknüpft. Während die Vergangenheit jedoch wenig Überraschungen enthielt und sich erwartungsgemäß entwickelte, kam in der Gegenwart durch das rätselhafte Märchen etwas mehr Spannung auf, die jedoch durch die parallel verlaufende Vergangenheit wieder zunichte gemacht wurde. Auch die verschiedenen Perspektivwechsel, die nicht nur Einblicke in die Köpfe von Lisa und Vicky brachten, gaben letztlich zu viel preis.
"Das Kind der Wellen" ist eine schicksalhafte Geschichte über Trauer und Mutterliebe. Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir jedoch mehr Spannung und eine mitreißendere Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit erwartet.
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