Montag, 27. April 2020

Buchrezension: Kathleen Freitag - Die Seebadvilla

Inhalt:

Ahlbeck, 1952: Gemeinsam mit ihren Töchtern Henni und Lisbeth führt Grete eine kleine Pension auf Usedom. Das Leben in der DDR ist nicht einfach für die drei Frauen. Dass sie ein eigenes Unternehmen führen, ist der Regierung ein Dorn im Auge.
München, 1992: Zwischen den Sachen ihrer Mutter Henni findet Caroline einen Brief, in dem es um die Rückeignung einer Villa auf Usedom geht. Noch nie hat Caroline von dem Anwesen gehört. Sie stellt ihre Mutter zur Rede, doch Henni will nicht über damals sprechen, und so beschließt Caroline, auf eigene Faust an die Ostsee zu fahren. 


Rezension:

Grete Faber führt seit Ende des Zweiten Weltkrieges alleine die Pension "Seeperle" in Ahlbeck an der Ostsee. Jeden Tag hofft sie, dass ihr Ehemann Gustav aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt, von dem sie seit 1945 nichts mehr gehört hat. Ihre beiden Töchter, die 15-jährige Lisbet und die 20-jährige Henni unterstützen ihre Mutter bei der Bewirtung der Gäste der Pension. 
Der Druck auf die Familie steigt, als private Betriebe in der DDR verstaatlicht werden sollen. Grete bleibt standhaft, ist am Ende gegen die Macht von Partei und Staat aber machtlos. 

40 Jahre später findet Caroline bei ihrer Mutter einen Brief, in dem es um die Rückeignung einer Villa auf Usedom geht. Caroline ist in München aufgewachsen und hat von ihrer Mutter bisher kaum etwas über die Vergangenheit der Familie in Erfahrung bringen können. Angesprochen auf den Brief, mauert Henriette weiterhin, weshalb  Caroline zu ihrer Großmutter nach Berlin fährt, um mehr über ihre Wurzeln zu erfahren. 

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und ist dabei wechselnd aus der Sicht der handelnden Frauen Henriette, Lisbet, Grete und Caroline geschrieben. Der Fokus der Handlung liegt auf der Vergangenheit in der ehemaligen DDR in den Jahren 1952 und 1953. Sie erzählt eine fiktive Geschichte, die sich aber bezogen auf den historischen Hintergrund genau so hätte zutragen können. Die Familie Faber ist nur ein Beispiel von vielen durch die Staatsmacht der DDR enteigneten Familien. 

Die Familie verliert jedoch nicht nur ihren materiellen Besitz, sondern weitaus mehr. Die Tragik der Geschichte berührt, auch wenn der Roman eher leise und ohne viel Drama erzählt wird. Ich hätte mir mehr eindringlichere Szenen gewünscht, um die Geschichte packender zu gestalten. Gerade zu Beginn werden der Alltag in der "Seeperle" und die damit verbundenen Arbeiten sehr ausführlich geschildert, wohingegen die politischen Ereignisse und Einschränkungen in der DDR kaum Erwähnung finden. So zieht sich die Geschichte etwas in die Länge und konnte auch in der Tragik der Ereignisse 1953 wenig Spannung erzeugen. Die Gegenwart ist vorhersehbar, weshalb es ausreichend war, diese auf wenige Kapitel zu beschränken. Sie rundet die Geschichte der Vergangenheit ab, hätte aber durch Carolines Gespräche mit Zeitzeugen mehr Potenzial für Emotionen gehabt. 

"Die Seebadvilla" ist ein authentisch und einfühlsam geschriebener Roman, der am Beispiel einer fiktiven Familie von der Ungerechtigkeit des Staatsapparates DDR handelt, bei dem mir jedoch die Spannung gefehlt hat. Zudem hätte ich mir eine stärkere Verknüpfung der Familiengeschichte mit den historischen Ereignissen der damaligen Zeit gewünscht. So blieb der Schrecken der DDR etwas vage. 



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