Samstag, 8. September 2018

Buchrezension: Deb Spera - Alligatoren

Inhalt:

Seit Stunden belauern sie sich gegenseitig: das Alligatorweibchen, das seine Jungen beschützen muss, und Gertrude, deren vier Töchter seit Tagen nichts gegessen haben. Ein Schuss fällt, doch er trifft nicht das Reptil – es gibt Schlimmeres als den Hunger.
Auch Annie, die Plantagenbesitzerin, hat einen größeren Feind, als sie wahrhaben möchte. Ihren jüngsten Sohn kostete das bereits das Leben.
Doch als Oretta, Annies schwarze Haushälterin und in erster Generation von der Sklaverei befreit, Gertrudes kranke neunjährige Tochter bei sich aufnimmt, finden diese drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können, zusammen. Denn sie alle haben eins gemeinsam: die unstillbare Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung.


Rezension:

Der Roman handelt von drei ganz unterschiedlichen Frauen: Unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Hautfarbe, unterschiedlicher sozialer Schicht. 

Gertrude Pardee ist Mutter von vier Mädchen, von denen zwei bei ihrem Bruder leben. Die Familie lebt in ärmlichen Verhältnissen im Sumpf und hungert. Ihr Ehemann Alvin ist Alkoholiker und gewalttätig. In ihrer Verzweiflung steht Gertrude kurz davor, einen Alligator zu erschießen, um ihre Töchter zu versorgen. 

Annie Coles ist die Ehefrau des Plantagenbesitzers Edwin Coles. Seit der Baumwollkapselkäfer die Ernte zerstörte, sind sie auf den Anbau von Tabak umgestiegen. Das Ehepaar hat vier erwachsene Kinder, aber nur noch Kontakt zu den beiden Söhnen, die den Eltern helfen. Annie ist ihrer Zeit voraus und Besitzerin einer Näherei, in der sie mehrere Frauen beschäftigt. Ihr Sohn Lonnie soll den Betrieb übernehmen, was für den Vater undenkbar unmännlich ist. 
Die Familie hat in der Vergangenheit einen schweren Verlust erlitten und leidet bis heute darunter. Annie würde sich gern mit ihren beiden Töchtern versöhnen, aber dann macht sie eine für sie so unglaublich erschütternde Entdeckung, dass ihr die vergangenen Ereignisse erst gegenwärtig klar werden und sie sich vor allen zurückzieht. 

Oretta Bootles ist die farbige Hausangestellte der Familie Coles. Auch sie hat in der Vergangenheit einen schweren Verlust erlitten. Sie hat dennoch ihren Glauben nicht verloren und kümmert sich aus christlicher Nächstenliebe um die neunjährige Tochter von Gertrude, als diese schwer krank ist. Zudem vermittelt sie Gertrude eine Arbeitsstelle bei Annie Coles in der Näherei. 

Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht einer der drei Frauen geschildert. Die Autorin berücksichtigt dabei in ihrer Ausdrucksweise die soziale Herkunft, so dass man als Leser problemlos in die Lebensumstände der jeweils handelnden Protagonistin eintauchen kann. 
Das Leben in den 1920-er-Jahren in den Südstaaten ist von einer Wirtschaftskrise, Armut und Krankheit geprägt. Zudem haben die Menschen mit den Kräften der Natur wie Schädlingen und Unwetter zu kämpfen. 

Was die Frauen verbindet, ist ihr Drang nach Freiheit und die Fürsorge um ihre Kinder. Was sie nicht voneinander wissen ist, dass alle drei schmerzliche Verluste in der Vergangenheit erlitten haben. 
Zu Beginn verlaufen die einzelnen Passagen parallel nebeneinander, aber im weiteren Verlauf des Romans gibt es immer mehr Überschneidungen, die die drei Leben der Frauen miteinander verbinden. 

Durch die bildhafte und lebendige Beschreibung fühlt man sich in die 1920er-Jahre in die Situation der Plantagenwirtschaft in den Südstaaaten in den USA hineinversetzt. Spürbar ist das Über-/ Unterordnungsverhältnis von Schwarz und Weiß, auch wenn die Sklaverei abgeschafft ist. Dagegen nehmen die Frauen im Gegensatz zu ihren Männern eine unheimliche starke, moderne Rolle ein. Während die farbige Oretta mit ihre Mann Odel auf Augenhöhe ist und eine sehr innige Beziehung führt, setzen sich Gertrude und Annie gegen ihre dominanten Ehemänner zur Wehr.

"Alligatoren" ist ein atmosphärischer, beklemmender, phasenweise trauriger Roman, der zeigt, dass Menschen trotz unterschiedlicher sozialer Schichten mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Schließt man sich dann in der Not zusammen, was die Solidarität unter den Frauen beweist, ist eine Veränderung möglich. Kein Mensch ist allein und darum wird letztlich demonstriert, wie viel man in der Gemeinschaft durch gegenseitige Hilfe und Unterstützung über gesellschaftliche Schichten hinweg erreichen kann, so dass der Roman mit einem hoffnungsvollen Ausblick in die Zukunft aufwartet und den Mut der Frauen belohnt. 



1 Kommentar:

  1. Hey Lena,
    das Buch habe ich über jellybooks vorabgelesen und konnte es kaum aus der Hand legen. Es hat mich von Beginn an in den Bann gezogen. Eine Rezi habe ich noch nicht geschrieben. Kommt noch.
    In deiner Rezi spürt man auch deine Begeisterung! Freut mich, dass wir bei diesem Buch übereinstimmen. :-D
    GlG, monerl

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