Montag, 30. Januar 2017

Buchrezension: Zoe Hagen - Tage mit Leuchtkäfern

Inhalt:

"Das Leben ist ein Privileg", sagte ich. "Das Leben ist ein Privileg?", fragte Noah erstaunt. "Ja", sagte ich. Noah zog die Luft ein, ein Lächeln umspielte seine Lippen. Er drehte sich zu Fred und den anderen um und fragte: "Wo zum Henker hast du denn den kleinen Gandhi hier her?"

Du bist einsam und unglücklich, dein Leben wie ein falscher Film, der an dir vorbeiläuft. Bis du neue Freunde triffst. Gut, die sind alle ein bisschen verrückt, sie nennen sich "Der Club der verhinderten Selbstmörder". Aber sie geben dir Halt und sind wie Leuchtkäfer in deiner bodenlosen Traurigkeit. Denn du hast nur das eine Leben.

Rezension:


Das Buch ist in Form von Briefen an Gott geschrieben, die die Tagebucheinträge eines 15-jährigen Mädchens sind, das der Leser zunächst nur mit dem Spitznamen Ghandi kennenlernt. Ghandi ist zutiefst unglücklich, ihre Arme sind gezeichnet von selbstverletzendem Verhalten, zudem ist sie Bulimikerin. In der Schule wird sie bestenfalls mitleidig beäugt, sie hat keine Freunde und fühlt sich auch innerhalb ihrer Familie unverstanden und einsam. Sie ist zwar in psychotherapeutischer Behandlung, ihren Schmerz schildert sie aber nur in den Briefen an Gott, an den sie aber auch nicht wirklich glaubt.

An Weihnachten, als die Familie - Mutter, Stiefvater und ihre zwei Geschwister - zum Essen ausgegangen ist, geht sie einsam durch das verschneite Berlin und begegnet Fred, der einen Schneeengel macht. Er nimmt sie mit in seine Wohnung, wo sie auf seine Clique trifft: Noah, Fabien, Amira und Lynn. Die fünf bilden den Club der verhinderten Selbstmörder". Sie haben sich in einer psychiatrischen Klinik kennengelernt und befinden sich offensichtlich alle noch wegen ihrer psychischen Probleme in ambulanter Behandlung.

Überraschend schnell wird Ghandi in die Clique aufgenommen und hat zum ersten Mal Menschen um sich, die sie zu verstehen scheinen. Zu Hause stößt sie ihre Mutter weiterhin vor den Kopf, die sichtlich überfordert ist und den Eindruck macht, ihre Tochter aufgegeben zu haben. Ghandis seelische und damit einhergehende körperlichen Probleme verschärfen sich trotz des neuen Halts durch die Freunde weiter. Als sie sich buchstäblich die Seele aus dem Leib kotzt, wird sie in eine Akutklinik eingeliefert, wo sie vier Wochen im Koma liegt.

"Tage mit Leuchtkäfern" ist keine leichte Kost. Alle Protagonisten des Buches haben psychische Probleme, die jedoch mit Ausnahme von Amira, nicht weiter erläutert werden. Bis zum Schluss blieb für mich offen, was der Grund für Ghandis Essstörung ist. Ich hätte mir gewünscht, dass man zumindest während des Krankenhausaufenthalts, wenn dem Leser Ghandi endlich als Antonia vorgestellt wird, erfährt, warum sie sich so einsam fühlt bzw. worunter sie leidet oder was ihr in der Vergangenheit widerfahren sein mag, dass sie versucht, sich durch das Erbrechen Erleichterung zu verschaffen.

Durch die sehr philosophischen Charaktere des Romans und den besonderen Schreibstil in Form von Briefen an Gott, ist "Tage mit Leuchtkäfern" wie der Titel schon vermuten lässt, ein poetischer Roman, der allerdings in Bezug auf die Hintergründe zu den handelnden Personen sehr vage blieb. Auch wenn mich das Buch aufgrund der ernsten Thematik emotional berührt hat, blieb für mich am Ende ein Fragezeichen. 


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