Freitag, 30. Oktober 2015

Buchrezension: Lisa Unger - Wer Böses in sich trägt

Inhalt:

Lana führt ein ruhiges und sorgenfreies Leben in der idyllischen Kleinstadt The Hollows, New York. Niemand ahnt, dass die junge Studentin hinter einem sorgfältig geknüpften Netz aus Lügen und Halbwahrheiten ein dunkles Geheimnis verbirgt. Bis plötzlich Lanas Freundin Beck spurlos verschwindet. Um ihr Geheimnis zu schützen, behält Lana die Wahrheit über die Nacht, in der sie Beck das letzte Mal sah, für sich. Damit gerät sie jedoch nicht nur in den Fokus der Ermittlungen. Jemand weiß um Lanas Lügen, verwickelt sie in ein gefährliches Spiel und lockt sie in eine tödliche Falle.

Rezension:

Lana ist Studentin am College und wohnt in einer Wohngemeinschaft zusammen mit Rebecka und Ainsley auf dem Campus. Lana pflegt keine innigen Freundschaften, ist eine verschlossene Persönlichkeit und gibt nur wenig von sich Preis. Im Verlauf der Geschichte, die aus ihrer Ich-Perspektive erzählt wird, lernt man sie näher kennen und erfährt, dass sie in psychotherapeutischer Behandlung ist und seit ihrer Kindheit Medikamente einnehmen muss. Ihr Vater wird beschuldigt, seine Ehefrau und Lanas Mutter ermordet zu haben und befindet sich in der Todeszelle, um seine Hinrichtung zu warten. Ihre Herkunft versuchte Lana stets zu verschleiern. Auf Anraten ihres Professors und Mentors Langdon übernimmt sie nachmittags die Betreuung des Schülers Luke, der verhaltensauffällig ist und vor dem sogar seine eigene Mutter Angst zu haben scheint. Lana ist die erste "Babysitterin", die es länger als eine Woche mit dem schwierigen Jungen aushält. Sie ist weniger verängstigt, als viel mehr fasziniert und lässt sich auf eine Schnitzeljagd mit ihm ein, wodurch sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Zeitgleich verschwindet ihre Mitbewohnerin Beck, zu der sie ein zwiespältiges Verhältnis zwischen Liebe und Abneigung pflegte.

Die Kapitel sind immer wieder durch erschütternde Tagebucheinträge einer Mutter unterbrochen, die mit der Erziehung ihres zu Gewalt neigenden und fast schon psychopathischen Sohnes überfordert ist.

Wie alle Personen letztendlich miteinander verknüpft sind, erfährt der Leser erst gegen Ende des packenden Thrillers, der unblutig und nicht vorhersehbar ist. Die Autorin schafft es, eine kalte und düstere Stimmung herzustellen und die Spannung bis zum bitteren Ende aufrecht zu erhalten, wenn sich alle Rätsel und Andeutungen für den Leser nachvollziehbar auflösen. Gepackt von Entsetzen und Faszination, ist man gebannt zu erfahren, wie sich die Geheimnisse und Abgründe um Lana, Luke und der Tagebucheinträge auflösen werden. Selbst nach dem eigentlichen Showdown bietet das Ende (die letzten beiden Seiten!) ein überraschendes Highlight.

"Wer Böses in sich trägt" zeigt, wie böse und manipulativ Menschen sein können, hinterfragt die Wirkung von Psychopharmaka und wie viel Persönlichkeit letztendlich bereits in den Genen festgelegt ist.


Montag, 26. Oktober 2015

Buchrezension: Kirsty Greenwood - Der Vintage-Guide für einsame Herzen

Inhalt:

Ohne Job kann man sich die Miete nicht mehr leisten. Jessica Beam bleibt nichts anderes übrig, als ihre wohlhabende Großmutter um Obdach zu bitten. Doch auch die elegante Dame steckt in Schwierigkeiten. Die Bestsellerautorin des Ratgebers „Good Woman“ aus den 50er-Jahren hat schon lange kein Buch mehr verkauft. Und eine Enkelin, die neonfarbene Unterwäsche trägt, ist für sie ein Albtraum. Doch dann erhalten die Beam-Frauen eine letzte Chance: ein neuer Buchvertrag, wenn sie beweisen können, dass Matildas Vintage-Guide auch heute noch funktioniert. Kann Jess zur Lady werden? Und kann sie so das Herz des begehrtesten Junggesellen Londons erobern, das Herz des unnahbaren Leo Frost?

Rezension:

Jessica Beam ist 28 Jahre alt, ihrem Alter entsprechend erwachsen verhält sie sich jedoch nicht. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Summer, bei der sie auch wohnt, betreibt sie den Lifestyle-Blog "Summer in the City". Summer ist dabei das Aushängeschild, die sich und Kater Belding gerne in Szene setzt, und Jess der kreative Kopf im Hintergrund.

Als Summer Jess aus heiterem Himmel abserviert, weil sie eine Karriere im Fernsehen anstrebt, steht Jess plötzlich ohne Wohnung und ohne Job da. Da Jess' Kosmos sich immer nur um sie selbst drehte und sie nicht mehr als kurze Bettgeschichten zum anderen Geschlecht pflegte, hat sie weder Freunde noch eine Familie, an die sie sich wenden könnte. Bei einem Kneipenbesuch erinnert sie sich an ihre Großmutter Matilda Beam, die Mutter ihrer verstorbenen Mutter Rose, die sie nie kennengelernt hat und über das Internet ausfindig macht.

Matilda selbst wohnt in einem herrschaftlichen Haus in London, das sie von ihrem Ehemann zusammen mit einem Berg Schulden geerbt hat. Nun steht auch noch eine Räumungsklage ins Haus. Matilda ist beim Eintreffen ihrer Enkelin entsetzt über deren Auftreten und nimmt sie fast mitleidig bei sich auf.
Matilda Beam war in den 50er Jahren Autorin der "Handbücher für die gute Frau" und möchte den Bestseller wieder auflegen, was vom Verlag abgelehnt wird. Matilda kommt daraufhin auf die Idee eines Buchprojekts mit ihrer Enkelin. Sie möchte beweisen, dass ihre Ratschläge von damals auch heute noch nützlich sind. Jess soll mit deren Hilfe den arroganten ewigen Junggesellen Leo Frost für sich gewinnen. Nebenbei möchte die Großmutter Jess auch noch auf den "richtigen Weg" bringen...

Jess ist auf den ersten Eindruck wahrlich keine Sympathieträgerin: oberflächlich, schamlos, vulgär, unverantwortlich und eine Spur naiv. Durch ihre unkonventionelle schräge Art und die irrwitzigen Situationen, in die sie sich manövriert, ist das Buch aber von Beginn an sehr unterhaltsam und amüsant zu lesen.
Vor allem durch den Unterschied der Generationen und der Erwartungshaltung der Großmutter prallen zwischen ihr und Jess Welten aufeinander, die für Konfliktpotenzial sorgen. Auf der anderen Seite sind sie jedoch aufeinander angewiesen, um sich durch das geplante gemeinsame Buch aus der finanziellen Misere zu ziehen. Auf diese Weise lernt auch Jess endlich, Verantwortung zu übernehmen, anderen zu helfen und Gefühle zuzulassen. Von den Erfahrungen ihrer Mutter geprägt, hat sie die nämlich stes außen vorgelassen.

Die Kapitel beginnen jeweils mit einem Zitat eines Ratschlages ihrer alten Handbücher, die passend zum nachfolgenden Inhalt gewählt sind. Dazwischen gibt es kurze Einträge aus dem Tagebuch der Mutter Rose aus 1985.

"Der Vintage-Guide für einsame Herzen" ist bei Weitem kein seichter Liebesroman. Der Schreibstil der Autorin ist abwechslungsreich und flüssig, die Dialoge witzig. Die weiter auftretenden unterschiedlichen und sehr eigenwilligen Charaktere sowie die unterhaltsame, turbulente Geschichte sorgen für ein sehr kurzweiliges Lesevergnügen.


Mittwoch, 14. Oktober 2015

Buchrezension: Ellen Sussmann - Die vergessenen Träume

Inhalt:

Als das Flugzeug durch die Wolken bricht und unter ihr der dichte Dschungel, die Reisfelder und die traumhaften Strände Balis sichtbar werden, fühlt Jamie Hyde ihr Herz sinken. Erst ein Jahr ist es her, seit sie die Insel zuletzt besucht hat. Ein Jahr, seit sie ihren Freund beim Terroranschlag auf einen Nachtclub verlor. Ein Jahr, seit der Amerikaner Gabe sie aus der Flammenhölle rettete. Nun kehrt Jamie nach Bali zurück, um mit der schrecklichsten Nacht ihres Lebens Frieden zu schließen. Heimlich hofft sie auch, Gabe wiederzutreffen. Doch was wird sie ihm sagen, wenn sie vor ihm steht? Ist sie bereit, sich selbst zu vergeben – und wird sie lernen, wieder zu träumen?

Rezension:

Der Roman "Die vergessenen Träume" ist in drei Abschnitte aufgeteilt. Er beginnt im Jahr 2003, als Jamie, ein Jahr nach den Terroranschlägen auf Bali, zur Insel des Geschehens zurückreist, um an einer Gedenkfeier für die Opfer teilzunehmen. Jamie selbst zählt zu den Überlebenden, die sich in unmittelbarer Nähe des Tatorts aufgehalten hat und ihren Freund, der ihr Minuten zuvor einen Heiratsantrag gemacht hat, nicht aus den Trümmern des Clubs retten konnte. Noch immer macht sie sich schwere Vorwürfe, weil sie den Antrag damals abgelehnt und er nur ihretwegen das Restaurant verlassen hat.

Die Gedenkfeier ist jedoch nicht der einzige Grund, weshalb Jamie nach Kuta zurückkehren musste. Gabe, der Amerikaner, der nach Bali ausgewandert ist und sich an den schweren Tagen nach den Anschlägen liebevoll um sie gekümmert hat, will ihr nicht aus dem Kopf gehen. Diese Geschehnisse werden im zweiten Teil des Buches geschildert, der insofern einen Rückblick auf den 12. Oktober 2002 und die Tage danach ist und aus der Sicht Gabes dargestellt wird. Der dritte Abschnitt beschreibt die Gegenwart, in welcher Jamie Gabe wiedersieht und sich erneut mit den Ereignissen, die sie noch nicht verarbeitet hat, auseinandersetzen muss.

"Die vergessenen Träume" beschreibt eine Liebesgeschichte, wobei die Terroranschläge, mit denen zu diesem Zeitpunkt niemand auf Bali gerechnet hatte, im Zentrum des Romans stehen. Intensiv und emotional werden die Schicksale der Urlauber anhand der Geschichte Jamies als auch die Schicksale der Inselbewohner Balis durch Nyoman, bei dem Jamie bei ihrem zweiten Aufenthalt wohnt und der seine schwangere Ehefrau verloren hat, sowie die negativen Konsequenzen auf den Tourismus erzählt.

Das Buch liest sich flüssig und ist sehr eingängig geschrieben. Als Leser fühlt man sich direkt an den Ort des Geschehens versetzt, kann sich gut in die Charaktere Jamie als auch Gabe hineinversetzen und mit ihnen mitfühlen und lernt vor allem auch die Insel, die nicht nur von malerischer Natur, Kultur und Tourismus, sondern auch von Armut, Kriminalität und Korruption geprägt ist, kennen.

Ein Roman, der weitaus mehr als nur eine Urlaubslektüre ist. und den ich wärmstens empfehlen kann.


Freitag, 9. Oktober 2015

Buchrezension: Nicolas Barreau - Eines Abends in Paris

Inhalt:

Jeden Mittwoch kommt eine junge Frau im roten Mantel in Alain Bonnards kleines Pariser Programmkino, und immer sitzt sie auf demselben Platz in Reihe 17. Eines Abends fasst sich Alain ein Herz und spricht sie an. Sie verbringen den Abend miteinander, doch in der Woche darauf taucht sie nicht mehr auf. Obwohl er von ihr kaum mehr als ihren Vornamen weiß, begibt sich Alain auf die Suche nach ihr und erlebt eine Geschichte, wie sie kein Film schöner erzählen könnte...

Rezension:

Vor einiger Zeit hatte ich bereits "Das Lächeln der Frauen" von Nicolas Barreau gelesen, bei dem es sich um eine leicht vorhersehbare Liebesgeschichte handelt, die in Paris spielt. "Eines Abends in Paris" ist dem Buch sehr ähnlich. Wer einen Roman des Autors mag, mag sie wahrscheinlich alle.

Protagonist dieses Romans ist Allain Bonnard, der Inhaber eines kleinen nostalgischen Programmkinos in Paris ist. Jeden Mittwoch spielt er in der Spätvorstellung einen klassischen Liebesfilm. Für die Reihe hat er ein paar Stammbesucher, so unter anderem die hübsche junge Frau im roten Mantel, die stets in Reihe 17 sitzt. Allain schwärmt für sie, auch wenn er sie nur vom Sehen kennt, und traut sich eines abends, sie anzusprechen und in ein Bistro einzuladen. Die beiden verbringen einen romantischen Abend miteinander und als Allain Mélanie nachts nach Hause bringt, küssen sie sich noch unter einer Kastanie. Sie verabschiedet sich für eine Woche zu ihrer Tante und verspricht, nächsten Mittwoch wieder ins Kino zu kommen.
Einen Tag später wird Allain von einem Regisseur und einer berühmten Schauspielerin vor seinem Kino angesprochen, die das Cinéma Paradis" als Kulisse für ihren neuen Film nutzen möchten. Allain kann zusätzliche Einnahmen für sein kleines Kino gut gebrauchen und willigt ein. Das Glück ist ihm jedoch nicht länger hold, am nächsten Mittwoch erscheint Mélanie nicht wie gewohnt zur Spätvorstellung und bleibt wie vom Erdboden verschwunden. Allain begibt sich auf die Suche...

Das Buch ist schnell gelesen und für Freunde von französischem Flair, Paris und leichten Liebesgeschichten inklusive aller Irrungen und Wirrungen. Die Suche Allains nach Mélanie erstreckt sich über zwei Drittel des Buches und ist teilweise realitätsfremd - was aber zum allgemeinen Stil des Autors und der verträumten Atmosphäre passt. Dennoch möchte man wissen, was mit Mélanie ist, den Hintergrund ihres Verschwindens erfahren und erleben, wie Allain sie wiederfindet.