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Mittwoch, 21. Mai 2025

Buchrezension: Vera Buck - Der dunkle Sommer

Inhalt:

Ein Haus in Italien für einen Euro: Für die deutsche Architektin Tilda ist die verfallene Villa auf Sardinien ein Glücksgriff. Sie will alle Brücken hinter sich abbrechen und stürzt sich in die Renovierung. Doch die vermeintliche Idylle des verwinkelten Ortes trügt. Ist das Geisterdorf wirklich so verlassen, wie es den Anschein hat? Sonntags läuten die Glocken, und Unbekannte behaupten, ein Fluch liege auf Tildas Haus. Zusammen mit dem Journalisten Enzo, der die Geschichte des Dorfes erforscht, versucht Tilda herauszufinden, was hier geschehen ist. Doch der einzige Bewohner, der mehr weiß, ist der alte Silvio. Und der schweigt beharrlich. Als plötzlich Tildas jüngerer Bruder Nino vor ihrer Tür steht, lässt Tilda ihn zähneknirschend bei sich unterkommen. Er bringt Erinnerungen mit, die sie dringend vergessen will. Dann verschwindet Nino auf mysteriöse Weise. Getrieben von der verzweifelten Suche nach ihm offenbart sich Tilda und Enzo im schroffen Hinterland der Insel eine Wahrheit, die düsterer ist als jede Geistergeschichte – und die eng mit Tildas eigener Vergangenheit verwoben scheint. 

Rezension:

Tilda ist Architektin mit italienischen Wurzeln und nach einem traumatischen Ereignis und einer erdrückenden Schuld auf der Suche nach einem neuen Anfang. Auf Sardinien kauft sie sich in eine Villa in dem verlassenen Geisterdorf Botigalli. Was sie nicht weiß, ist dass sich in dem Haus ein Massaker mit unzähligen Toten ereignet hat.
Enzo ist Journalist und arbeitet ehrgeizig an einem Buchprojekt. Er möchte endlich aufklären, was vor 40 Jahren in Botigalli passiert ist. Beharrlich versucht er dem einzig Überlebenden der Katastrophe die Wahrheit zu entlocken. Doch der verbitterte alte Mann schweigt.

Der Roman ist aus mehreren Perspektiven geschrieben und handelt auf zwei Zeitebenen. In der Gegenwart flieht Tilda vor ihrer eigenen Vergangenheit und wird ungewollt mit der Vergangenheit des Ortes konfrontiert, in dem sie sich niederlässt, die noch viel dunkler ist. Zu allem Überfluss verschwindet in dem überhitzten Sommer auch noch ihr Bruder Nino, der bei ihr nach einem Bankrott Zuflucht gesucht hatte. Unterstützung bei ihrer Suche erhält Tilda von Enzo, der ihr von früheren Verbrechen erzählt und dem die Insel mit ihren Geheimnissen zunehmend zuwider ist.

Die Vergangenheit schildert den Sommer 1982, beginnend von dem euphorischen Fußball-WM-Sieg Italiens gegen Deutschland, bis zu den Ereignissen, die zur Eskalation auf einer Hochzeitsfeier führten und aus Botigalli einen Geisterort machten.

Daneben gibt es einzelne Abschnitte aus der Sicht eines Entführungsopfers, die beklemmend sind.

Die Geschichte braucht ein wenig, bis sie an Fahrt aufnimmt und nach persönlichen Tragödien die Verbrechen in den Fokus rücken. Die Stimmung ist sowohl in der Gegenwart als auch der Vergangenheit trotz des Sommers und der heißen Temperaturen und dem Setting auf einer Urlaubsinsel düster und bedrohlich. Vor allem die Vergangenheit bringt Erschütterndes zutage, was besonders schwer wiegt, da sie von realen Ereignissen inspiriert ist. Das Massaker ist dabei nur das katastrophale Ergebnis aus Gier, Schuld und Anarchie. 
Die Geschichte prangert eine gewalttätige, patriarchale Struktur in Italien an, die Verbrechen zur Bereicherung außerhalb staatlicher Sanktionierung ermöglicht. 

Der Roman ist spannend und dramatisch, wird jedoch nicht den Erwartungen eines düsteren Thrillers voller Nervenkitzel gerecht, auch wenn es für die Protagonisten gefährliche Situationen gibt. Alle Handlungsstränge fließen am Ende logisch zusammen, wobei die handelnden Figuren idealistisch eng mit einander verknüpft sind, was sich zumindest in Teilen frühzeitig erahnen lässt.


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